Gottesdienst am 4. Advent (20.12.2020)

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Im Namen des dreieinigen Gottes: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen

Der dreieinige Gott (Kirche Dobel)

Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!
(Philipper 4,4)

 

Freude will nicht so recht aufkommen in diesen Tagen. Wieder einmal stellen wir fest: Einschränkungen, die wir uns vor wenigen Wochen noch nicht vorstellen konnten, bestimmen die Adventszeit. Die Weihnachtsgottesdienste abgesagt. Dazu passt der Wochenspruch ab dem vierten Advent überhaupt nicht … oder doch?

 

"Freut euch!" fordert der Apostel Paulus die Gemeinde in Philippi zweimal auf. Kann man Freude anweisen? Wohl kaum. Zur Freude kann man ermutigen. In schweren Zeiten kann man einen veränderten Blick vorschlagen: Freut euch! Nein, an Glühwein mit Freunden, an Weihnachtsfeiern und Weihnachtsmärkten können wir uns in diesem Jahr nicht freuen.

 

"Freut euch in dem Herrn", schreibt der Apostel. Wenn das selbstverständlich wäre, müsste er es nicht betonen. Paulus verkündet so etwas wie eine trotzige Freude - eine Freude trotz alledem. Versuchen wir es. Schließlich warten wir in der Adventszeit auf den, an dem wir uns freuen sollen.

"Die Nacht ist vorgedrungen" (Evangelisches Gesangbuch 16,1)

Wir beten mit dem "Lobgesang der Maria":

Meine Seele erhebt den Herrn,
und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes;
denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen.
Siehe, von nun an werden mich selig preisen alle Kindeskinder.
Denn er hat große Dinge an mir getan,
der da mächtig ist und dessen Name heilig ist.
Und seine Barmherzigkeit währt von Geschlecht zu Geschlecht
bei denen, die ihn fürchten.
Er übt Gewalt mit seinem Arm
und zerstreut, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn.
Er stößt die Gewaltigen vom Thron
und erhebt die Niedrigen.
Die Hungrigen füllt er mit Gütern
und lässt die Reichen leer ausgehen.
Er gedenkt der Barmherzigkeit
und hilft seinem Diener Israel auf,
wie er geredet hat zu unseren Vätern,
Abraham und seinen Kindern in Ewigkeit.


(Lukas 1,46-55)

"Dem alle Engel dienen" (EG 16,2)

Predigttext aus 1. Mose/ Genesis 18:

1 Und der HERR erschien (Abraham) im Hain Mamre, während er an der Tür seines Zeltes saß, als der Tag am heißesten war. 2 Und als er seine Augen aufhob und sah, siehe, da standen drei Männer vor ihm. Und als er sie sah, lief er ihnen entgegen von der Tür seines Zeltes und neigte sich zur Erde 3 und sprach: Herr, hab ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so geh nicht an deinem Knecht vorüber. 4 Man soll euch ein wenig Wasser bringen, eure Füße zu waschen, und lasst euch nieder unter dem Baum. 5 Und ich will euch einen Bissen Brot bringen, dass ihr euer Herz labt; danach mögt ihr weiterziehen. Denn darum seid ihr bei eurem Knecht vorübergekommen. Sie sprachen: Tu, wie du gesagt hast.

6 Abraham eilte in das Zelt zu Sara und sprach: Eile und menge drei Maß feines Mehl, knete und backe Brote. 7 Er aber lief zu den Rindern und holte ein zartes, gutes Kalb und gab's dem Knechte; der eilte und bereitete es zu. 8 Und er trug Butter und Milch auf und von dem Kalbe, das er zubereitet hatte, und setzte es ihnen vor und blieb stehen vor ihnen unter dem Baum, und sie aßen.

9 Da sprachen sie zu ihm: Wo ist Sara, deine Frau? Er antwortete: Drinnen im Zelt. 10 Da sprach er: Ich will wieder zu dir kommen übers Jahr; siehe, dann soll Sara, deine Frau, einen Sohn haben. Das hörte Sara hinter ihm, hinter der Tür des Zeltes.

11 Und sie waren beide, Abraham und Sara, alt und hochbetagt, sodass es Sara nicht mehr ging nach der Frauen Weise. 12 Darum lachte sie bei sich selbst und sprach: Nun, da ich alt bin, soll ich noch Liebeslust erfahren, und auch mein Herr ist alt!

13 Da sprach der HERR zu Abraham: Warum lacht Sara und spricht: Sollte ich wirklich noch gebären, nun, da ich alt bin? 14 Sollte dem HERRN etwas unmöglich sein? Um diese Zeit will ich wieder zu dir kommen übers Jahr; dann soll Sara einen Sohn haben. 15 Da leugnete Sara und sprach: Ich habe nicht gelacht -, denn sie fürchtete sich. Aber er sprach: Es ist nicht so, du hast gelacht.

… als der Tag am heißesten war

Abraham hört Stimmen. Das ist schon länger so. Dann sagt er: Gott hat mit mir gesprochen. Deshalb sitzt er überhaupt hier

 

an der Tür seines Zeltes …, als der Tag am heißesten war.

 

Er könnte noch in seinem Haus sitzen, in Ur, nahe beim Fluss, wo immer ein Lufthauch weht. Aber nein. Gott hat mit mir gesprochen, sagte Abraham eines Tages, ich soll aufbrechen und in ein Land ziehen, das er mir zeigen wird. Nun ist er Nomade und sitzt in einem Zelt "als der Tag am heißesten war".

 

Und dann hat Gott ihm noch verheißen – sagt Abraham:

 

Ich will dich zum großen Volk machen

 

… , Nachkommen so viele wie Sand am Meer, hat er gesagt. Mit seiner rechtmäßigen Frau Sara hat das bis jetzt noch nicht geklappt. Dafür hat Abraham mit der ägyptischen Sklavin Hagar einen Sohn gezeugt, den Ismael – besser als gar nichts, denkt er. Ein Anfang immerhin? Sara war nicht so recht einverstanden mit dieser Notlösung …

 

Also sitzt Abraham "an der Tür seines Zeltes …, als der Tag am heißesten war" und sieht drei Männer vor sich stehen. Er hatte sie gar nicht kommen sehen. Sind die echt, oder ist das wieder eine Vision? Abraham lässt sie bewirten, wie es sich gehört: Sara backt Brot für sie und er selbst holt ein Kalb und bereitet es zu. Sind es wirklich drei Männer, oder ist es nur einer? Die drei fragen nach Sara: Wo ist sie? Doch dann spricht nur einer, dann ist da nur einer?

 

Ich will wieder zu dir kommen übers Jahr; siehe, dann soll Sara, deine Frau, einen Sohn haben.

 

Da muss Sara lachen, drinnen im Zelt, wo sie alles hören kann. Eigentlich müssten sie Urgroßeltern sein; und sie sollen noch einen Sohn bekommen? Abraham versteht ihr Lachen, ihm ist es auch schon so gegangen, vor einigen Tagen erst, als Gott ihn wieder als Stammvater eines großen Volks bezeichnet hat.

 

Soll mir mit hundert Jahren ein Kind geboren werden, und soll Sara, neunzig Jahre alt, gebären? (17,17)

 

… hat er bei sich gefragt? Manchmal wundert Abraham sich selber, was die Gottesstimme so sagt …

  

Marc Chagall: Abraham und Sara

Aber dann ist es genau so gekommen, wie diese drei Leute, dieser eine Mann – wie Gott es gesagt hat:

 

Sara ward schwanger und gebar dem Abraham in seinem Alter einen Sohn um die Zeit, von der Gott zu ihm geredet hatte. Und Abraham nannte seinen Sohn, der ihm geboren war, Isaak, den ihm Sara gebar. (Gen 21,2f)

 

Isaak hatte dann immerhin zwei Söhne – Jakob und Esau –, und Jakob schon zwölf. So ist in der Bibel nachzulesen, wie Abraham dann doch zum Stammvater eines großen Volks wurde.

 

Aber was soll das am vierten Advent?

 

Im Advent warten wir auf Weihnachten. Die Geburtsgeschichten – vor allem die von Lukas – sind uns so vertraut! Wie viele Pfarrer und Predigerinnen versuchen jedes Jahr, etwas Originelles aus der allseits bekannten Geschichte zu ziehen? Dabei übersehen wir leicht, wie viel Überraschendes in dem einen Kapitel davor zu lesen ist:

 

Einem alten Paar verheißt Gott einen Sohn: Zacharias und Hanna. Weil der Vater skeptisch ist, muss er verstummen. Die alte Frau wird tatsächlich schwanger und bekommt einen Sohn. Den nennen sie nicht – traditionell – nach seinem Vater, sondern bekommt einen eigenen Namen: Johannes. Maria, eine junge Verwandte dieser alten Frau, wird auch schwanger – aber ohne Zutun eines Mannes, wie es heißt. Vom Heiligen Geist? So viele Überraschungen!

  

Drei Männer bei Abraham

Zugleich betonen wir, wie viel Neues mit Jesu Geburt in die Welt gekommen ist: Gott wird Mensch, das Wort wird Fleisch. Und darüber achten wir nicht darauf, wie vertraut das alles klingt: Einem alten Paar verheißt Gott ein Kind. Weil der Vater es nicht glauben kann …

 

Die junge Frau Maria und der alte Mann Zacharias loben Gott mit Psalmen, die fest in den Traditionen des Volkes Israel verwurzelt sind. (Der Lobgesang der Maria ist unser Psalmgebet heute …)

 

Die Bibel mutet uns einiges zu, im Advent, aber auch schon vorher. Mit Abraham und Sara war es doch auch so: Gott verheißt einem alten Paar noch ein Kind – und das Paar bekommt auch ein Kind.

 

Die Bibel mutet uns einiges zu. Wir übersehen leicht die Überraschungen … ist es nicht völlig unglaubwürdig, ist es nicht lächerlich anzunehmen, dass alte Paare noch Kinder bekommen? Wir übersehen leicht die Überraschungen, aber wir übersehen auch das Vertraute: In der ganzen Bibel verheißt Gott etwas, das uns unmöglich erscheint, und setzt es dann um.

 

Wenn wir die Überraschungen und auch das Vertraute übersehen, wenn wir skeptisch auf das Vertraute und auf die Überraschungen reagieren – warum beschäftigen wir uns dann überhaupt mit der Bibel? Wenn einfach ein Pfund Rindfleisch eine gute Suppe gibt, dann müssen wir nur in die Zeitung schauen. Da steht drin, wie es ist.

 

Wenn wir wissen wollen, wie die Welt gemeint ist, dann müssen wir in die Bibel schauen. Dann werden uns die Überraschungen vertraut. Dann können wir die Welt mit anderen Augen sehen, wie Abraham, der immer wieder Gottes Stimme hörte, der sich auf den Weg ins verheißene Land machte, und der noch mit einhundert Jahren mit seiner neunzigjährigen Frau einen Sohn bekam. Oder wie Maria, die als Jungfrau schwanger wurde und einen Sohn bekam … Aber das kommt erst in einigen Tagen.

 

Amen

"Die Nacht ist schon im Schwinden" (EG 16,3)

Wir beten:

Du bist uns schon nahe, Jesus Christus.

Die Kinder warten. Die Hoffnungsvollen warten. Deine Kirche wartet darauf, dass du kommst und mit uns neu beginnst. Wir bitten dich:

  • Dein Reich komme.

Du bringst uns deine Liebe, Jesus Christus.

Die Einsamen warten. Die Ungeduldigen warten. Deine Gemeinde wartet darauf, dass du kommst und uns mit deiner Liebe verwandelst. Wir bitten dich:

  • Dein Reich komme.

Du schenkst uns so viel Freude, Jesus Christus.

Die Trauernden warten. Die Glücklosen warten. Deine Freundinnen und Freunde warten, dass du kommst und uns neu anrührst. Wir bitten dich:

  • Dein Reich komme.

Du bringst uns Licht und Frieden, Jesus Christus.

Du bist uns schon nahe. Mach es bald hell – wir warten und sehnen uns nach dem Ende der Dunkelheit. Schaffe bald Frieden – wir warten und sehnen uns nach dem Ende von Krieg und Hass. Mach es hell – in uns und durch uns. Breite deinen Frieden aus – in uns und durch uns. Du bist schon nahe. Voller Vorfreude warten wir auf dich und bitten dich:

  • Dein Reich komme.

 

... und wir beten weiter, wie du uns gelehrt hast:

 

Vater unser im Himmel!

Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich

und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

 

Amen.

"Gott will im Dunkel wohnen" (EG 16,5)

Geht hin ...

Auferstehungskreuz Neusatz

... geht trotz aller Unsicherheit zuversichtlich in die kommenden Tage:

 

Der Herr segne dich und behüte dich.

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.

Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.

Amen

 

 

Pfarrer Matthias Ahrens