"Freuet euch der schönen Erde" - Gottesdienst am 2.8.2020

Zum Ausdrucken und Weiterreichen finden Sie hier eine pdf-Datei.

Im Namen des dreieinigen Gottes: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen

Der dreieinige Gott (Kirche Dobel)

Es ist nicht nur Sommer, jetzt haben auch die Sommerferien begonnen. Die Sonne scheint, überall ist Licht in der Welt. Da nehme ich mir nicht die schweren Themen des Predigttextes von der Heilung eines Blinden vor. Ich frage vielmehr: Wie geht es weiter? Was bedeutet es für einen blind geborenen Menschen, dass er sehen kann?

 

Eine Studie der Evangelischen Kirche (siehe hier) hat die digitalen Angebote der Gemeinden in der Corona-Krise untersucht. Ein zentrales Element, heißt es in der Zusammenfassung, ist die "radikale Nutzerperspektive".  "Interaktiv" sollen die Angebote sein, auf den Austausch angelegt mit denen, die sie nutzen.

 

Ja, gelegentlich spricht mich jemand auf die Andacht im Netz an. Ja, gelegentlich schreibt jemand eine eMail. Aber dass dieses Angebot interaktiv ist, auf den Austausch angelegt, das kann ich nicht wirklich sagen.

 

In der Regel veröffentliche ich die Andachten auch auf Facebook unter meinem Namen. Da ist die schnelle Reaktion leicht gemacht. Aber auch diejenigen, die die Andacht einfach im Internet ansehen, können schnell reagieren; sie können mir einfach eine Nachricht schreiben.

"Freuet Euch der schönen Erde" (Evangelisches Gesangbuch 510,1+2)

Wir beten:

Du, Gott, hast uns geschaffen und erhältst uns. Wir kommen zu dir mit Dank und Bitten.

 

Öffne unsere Augen, damit wir die Welt ansehen im Licht deiner Gnade.

 

Öffne unsere Augen, damit wir dich erfahren und die anderen sehen.

 

Öffne unsere Augen, damit wir das Ziel sehen, auf das du uns hinweist, dein Reich, deine Stadt, in der du – dreieiniger Gott – regierst, du Vater, Sohn und Heiliger Geist.

 

Amen

"Freuet euch an Mond und Sonne" (EG 510,3+4)

"... und kam sehend wieder"

Der Predigttext für diesen Sonntag steht beim Evangelisten Johannes im 9. Kapitel:

 

1 Und Jesus ging vorüber und sah einen Menschen, der blind geboren war. 2 Und seine Jünger fragten ihn und sprachen: Rabbi, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren ist?

3 Jesus antwortete: Es hat weder dieser gesündigt noch seine Eltern, sondern es sollen die Werke Gottes offenbar werden an ihm. 4 Wir müssen die Werke dessen wirken, der mich gesandt hat, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann. 5 Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt.

6 Als er das gesagt hatte, spuckte er auf die Erde, machte daraus einen Brei und strich den Brei auf die Augen des Blinden 7 und sprach zu ihm: Geh zu dem Teich Siloah – das heißt übersetzt: gesandt – und wasche dich! Da ging er hin und wusch sich und kam sehend wieder.

 

Es ist nicht nur Sommer, liebe Gemeinde, jetzt haben auch die Sommerferien begonnen. Die Sonne scheint, überall Licht in der Welt. Da nehme ich mir einmal nicht die schweren Themen des Abschnitts vor … etwa die Frage:

 

Wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren ist?

 

Auch wenn es mich in den Fingern juckt – über die so ein Thema spreche ich bei anderer Gelegenheit. Am letzten Satz bin ich hängen geblieben:

 

Da ging er hin und wusch sich und kam sehend wieder.

 

Und dann? In der englischen Sprache enden Märchen mit den Worten "Und sie lebten glücklich bis an ihr Ende …" Das deutsche "Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute" ist da unbestimmter, nicht so sicher über das Lebensglück … Es kann ja noch viel passieren in einem langen Leben.

 

Quelle: Cinestar

Was bedeutet es für den blind geborenen Menschen, dass er sehen kann? In dem Film „Das Leben des Brian“ (eine Persiflage auf Filme über das Leben Jesu) zeigen die bitterbösen Satiriker der Gruppe Monty Python einen Bettler. Er sagt zu einem Mann auf der Straße:

 

Ich wurde geheilt, Sir.

Geheilt?

Ja. Ich war ein verdammtes Wunder, Sir. Gott segne sie.

Wer hat dich geheilt?

Jesus war's, Sir. Ich komm da meines Weges gehüpft, grüble über dies und das. Ja, und auf einmal kommt er angesaust und heilt mich. Eben noch ein Leprakranker mit einem Gewerbe, im nächsten Moment war ich arbeitslos. Er hat mich nicht mal gefragt, ob er darf. Er sagte nur: "Du bist geheilt, Kumpel". Verdammter Wohltäter.

 

Dahinter steht natürlich die Absicht, die altvertrauten Jesusgeschichten gegen den Strich zu bürsten, auf’s Korn zu nehmen. Aber mit den altvertrauten Jesusgeschichten stimmt die Persiflage in einem Punkt überein: Die Heilung verändert das Leben des Mannes grundlegend. Er wird aus den vertrauten Verhältnissen herausgerissen und muss sich komplett neu orientieren. Und wir wissen: Man kann sich auch an schwierige Verhältnisse gewöhnen. Sie können einem so vertraut werden, dass man skeptisch auf das bessere Neue blickt. "Der Teufel, den ich habe, den kenne ich", heißt das Sprichwort dazu. Ja, wie der Bettler kann man sich auch in der Krankheit einrichten. Der Weg aus der Krankheit erscheint dann als riskanter Schritt ins Unbekannte …

 

Lucas Cranach d.Ä., Adam und Eva im Garten Eden, 1530 (Ausschnitt)

Da ging er hin und wusch sich und kam sehend wieder.

 

Als Lied nach der Predigt, dachte ich, passt dazu dieser Spruch mit Kanon „Öffne meine Augen“. Als ich im Gesangbuch nachschaute, fiel mir dieses andere biblische Wort ein:

 

Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan …

 

Ihnen beiden: Adam und Eva, nachdem sie im Paradies die verbotene Frucht gegessen haben (Gen 3,7f). Auch ihnen gehen die Augen auf …

 

… und sie wurden gewahr, dass sie nackt waren, und flochten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze.

 

Bis heute sagen wir: "Das hat mir die Augen geöffnet" – und damit meinen wir: Erst jetzt kann ich die Dinge sehen, wie sie wirklich sind, meist nicht so gut, wie bis dahin gedacht.

 

Wer vom Baum der Erkenntnis isst, wem die Augen aufgetan werden (von wem eigentlich?), der lebt nicht mehr in der bisherigen Eintracht mit der Umwelt. Was bis dahin selbstverständlich war, wird nun fraglich. Adam und Eva waren wohl seit ihrer Erschaffung nackt – doch nun schämen sie sich. Die Augen werden ihnen aufgetan, und die ursprüngliche Nähe zum Schöpfer ist dahin:

 

Und sie hörten Gott den HERRN, wie er im Garten ging, als der Tag kühl geworden war. Und Adam versteckte sich mit seiner Frau vor dem Angesicht Gottes …

 

Wie mag der Mensch, den Jesus heilt, empfunden haben?

 

Da ging er hin und wusch sich und kam sehend wieder.

 

Hat er das als Chance für einen Neuanfang verstanden? War er froh? Oder hat er – wie der ex-Lepra-Kranke im Film – den Verlust der bisherigen Sicherheit, dieser so miesen Sicherheit (wahrscheinlich) als Bettler beklagt? Lebte er glücklich bis an sein Ende? Wenn jemandem die Augen geöffnet werden, ist alles möglich: die Freude über die neuen Möglichkeiten, die Scham über den eigenen Zustand oder der Unwille, die gewohnte Sicherheit zu verlassen.

 

Der Mensch aus dem Predigttext hat es gut. Er "kam sehend wieder" und sah wohl als erstes Jesus, das Licht der Welt. Er hat keinen Grund sich zu schämen. Und er hat keine Zeit, der bis dahin gewohnten Sicherheit nachzutrauern. Gleich anschließend befragen ihn die Pharisäer über die Umstände seiner Heilung; denn die ist am Sabbat geschehen. Eine lange Debatte über den Sabbat, über Jesus und über Sünde schließt sich an.

 

Es ist Sommer, liebe Gemeinde, die Sommerferien haben begonnen. Die Sonne scheint, überall Licht in der Welt. Ich denke, dass der Mensch sich über die neuen Möglichkeiten gefreut hat, dass er neugierig in die Welt gegangen ist, dass er für die Heilung dankbar war. Denn das war schließlich das Ziel von Jesu Zuwendung zu dem Menschen, der blind geboren war:

 

… es sollen die Werke Gottes offenbar werden an ihm.

 

… die Werke Gottes, der nach dem sechsten Schöpfungstag mit Blick auf das Geschaffene feststellt (Gen 1,31):

 

Siehe, es war sehr gut.

 

Amen

"Öffne meine Augen" (EG 176)

Wir beten:

Gott des Lebens, in deinem Lichte sehen wir das Licht. Wir bitten dich:

 

Erleuchte und bewege uns.

 

Gott des Lebens, zünde dein Licht in den Herzen der Menschen an, die in dieser Welt Macht haben. Lenke du ihr Handeln und ihre Entscheidungen.

Zünde dein Licht in den Herzen der Menschen an, die über das Schicksal anderer entscheiden. Lass sie Barmherzigkeit und Güte zu ihrem Maßstab wählen.

Zünde dein Licht in den Herzen der Menschen an, deren Worte wirken. Mach durch sie die Welt zu einem besseren Ort. Wir bitten dich:

 

Erleuchte und bewege uns.

 

Gott des Lebens, mache es hell in der Welt und zeige den Weg zum Frieden.

Mache es hell an den Orten der Gewalt und versöhne Gegner und Feinde.

Mache es hell, wo die Angst regiert und lass die Worte des Hasses verstummen.

Wir denken an die politisch Verantwortlichen. Mache es hell und bestärke alle, die den Frieden schützen. Wir bitten dich:

 

Erleuchte und bewege uns.

 

Gott des Lebens. Dein Licht vertreibe die Dunkelheit des Todes. Dein Licht umhülle unsere Verstorbenen. Dein Licht tröste die Trauernden. Dein Licht bringe den Kranken Heilung und den Pflegenden Stärke. Dein Licht vertreibe die Verzweiflung. Wir bitten dich:

 

Erleuchte und bewege uns.

 

Gott des Lebens. In deinem Licht sehen wir das Licht. Du machst unser Leben durch den Glauben hell. Eine uns und segne alle, die zu uns gehören. Im Vertrauen auf Jesus Christus, deinen Sohn und unseren Bruder, bitten wir dich:

 

Erleuchte und bewege uns.

 

... wir beten weiter, wie Jesus uns gelehrt hat:

 

Vater unser im Himmel!

Geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld,

wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich

und die Kraft

und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

 

Amen.

"Wenn am Schemel seiner Füße" (EG 510,5)

Geht hin ...

Auferstehungskreuz Neusatz

... geht trotz aller Unsicherheit zuversichtlich in die kommenden Tage:

 

Der Herr segne dich und behüte dich.

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.

Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.

Amen

 

 

Pfr. Matthias Ahrens